Selbst in der größten Not kann der Schauspieler schließlich nicht aufhören, an den Eindruck zu denken, den er und die ganze szenische Wirkung machen, selbst z. B. bei der Beerdigung seines eigenen Kindes; er wird über seine eigene Not und die Art und Weise, wie sie sich ausdrückt, weinen, als sein eigenes Publikum. Der Heuchler, der immer ein und dieselbe Rolle spielt, hört schließlich auf, ein Heuchler zu sein; z.B. Priester, die als junge Männer meist bewusste oder unbewusste Heuchler sind, werden schließlich natürlich und sind dann wirklich Priester ohne jede Affektiertheit; oder wenn der Vater nicht so weit kommt, dann tut es vielleicht der Sohn, indem er den Anfang des Vaters nutzt und seine Gewohnheiten erbt. Wenn jemand hartnäckig und lange Zeit etwas sein will, ist es am Ende schwer für ihn, etwas anderes zu sein. Der Beruf fast jedes Menschen, auch der des Künstlers, beginnt mit Heuchelei, mit einer Nachahmung von außen, mit einem Kopieren dessen, was am wirksamsten ist. Wer immer die Maske eines freundlichen Antlitzes trägt, muß sich schließlich eine Macht über wohlwollende Stimmungen aneignen, ohne die der Eindruck der Freundlichkeit nicht erreicht werden kann - und schließlich erlangen diese Macht über ihn, er ist wohlwollend.

Author: Friedrich Nietzsche

Selbst in der größten Not kann der Schauspieler schließlich nicht aufhören, an den Eindruck zu denken, den er und die ganze szenische Wirkung machen, selbst z. B. bei der Beerdigung seines eigenen Kindes; er wird über seine eigene Not und die Art und Weise, wie sie sich ausdrückt, weinen, als sein eigenes Publikum. Der Heuchler, der immer ein und dieselbe Rolle spielt, hört schließlich auf, ein Heuchler zu sein; z.B. Priester, die als junge Männer meist bewusste oder unbewusste Heuchler sind, werden schließlich natürlich und sind dann wirklich Priester ohne jede Affektiertheit; oder wenn der Vater nicht so weit kommt, dann tut es vielleicht der Sohn, indem er den Anfang des Vaters nutzt und seine Gewohnheiten erbt. Wenn jemand hartnäckig und lange Zeit <i>etwas</i> sein will, ist es am Ende schwer für ihn, etwas anderes zu <i>sein</i>. Der Beruf fast jedes Menschen, auch der des Künstlers, beginnt mit Heuchelei, mit einer Nachahmung von außen, mit einem Kopieren dessen, was am wirksamsten ist. Wer immer die Maske eines freundlichen Antlitzes trägt, muß sich schließlich eine Macht über wohlwollende Stimmungen aneignen, ohne die der Eindruck der Freundlichkeit nicht erreicht werden kann - und schließlich erlangen diese Macht über ihn, er ist wohlwollend. - Friedrich Nietzsche<


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