Und was ist ein Freund? Mehr als ein Vater, mehr als ein Bruder: ein Reisegefährte, mit dem man das Unmögliche überwinden kann, auch wenn man es später verlieren muss. Die Freundschaft prägt ein Leben noch mehr als die Liebe. Die Liebe läuft Gefahr, in Besessenheit auszuarten, die Freundschaft ist nie etwas anderes als Teilen. Einem Freund teilt man das Erwachen einer Sehnsucht mit, die Geburt einer Vision oder eines Schreckens, die Angst, die Sonne verschwinden zu sehen oder festzustellen, dass es keine Ordnung und Gerechtigkeit mehr gibt. Das ist es, worüber man mit einem Freund sprechen kann. Ist die Seele unsterblich, und wenn ja, warum haben wir Angst vor dem Tod? Wenn es Gott gibt, wie können wir dann Anspruch auf Freiheit erheben, da er ihr Anfang und ihr Ende ist? Was ist der Tod, wenn man ihn sich genau ansieht? Der Abschluss einer Klammer, und sonst nichts? Und was ist mit dem Leben? Aus dem Munde eines Philosophen mögen diese Fragen falsch klingen, aber wenn man sie in der Jugend oder in einer Freundschaft stellt, haben sie die Macht, das Sein zu verändern: ein Blick brennt und gewöhnliche Gesten neigen dazu, sich selbst zu transzendieren. Was ist ein Freund? Jemand, der dir zum ersten Mal deine und seine Einsamkeit bewusst macht und dir hilft, ihr zu entfliehen, damit du wiederum ihm helfen kannst. Dank ihm kannst du ohne Scham deine Zunge halten und ohne Risiko frei reden. Das war's.
