Sie wollen pflanzen für die Ewigkeit,
Und säen Tod? Ein so erzwungnes Werk
Wird seines Schöpfers Geist nicht überdauern.
Dem Undank haben Sie gebaut - umsonst
Den harten Kampf mit der Natur gerungen,
Umsonst ein großes königliches Leben
Zerstörenden Entwürfen hingeopfert.
Der Mensch ist mehr, als Sie von ihm gehalten.
(...)
Gehn Sie Europens Königen voran.
Ein Federzug von dieser Hand, und neu
Erschaffen wird die Erde. Geben Sie
Gedankenfreiheit.

(...)
Sehen Sie sich um
In seiner herrlichen Natur! Auf Freiheit
Ist sie gegründet - und wie reich ist sie
Durch Freiheit! Er, der große Schöpfer, wirft
In einen Tropfen Thau den Wurm und läßt
Noch in den todten Räumen der Verwesung
Die Willkür sich ergötzen - Ihre Schöpfung,
Wie eng und arm! Das Rauschen eines Blattes
Erschreckt den Herrn der Christenheit - Sie müssen
Vor jeder Tugend zittern. Er - der Freiheit
Entzückende Erscheinung nicht zu stören -
Er läßt des Uebels grauenvolles Heer
In seinem Weltall lieber toben - ihn,
Den Künstler, wird man nicht gewahr, bescheiden
Verhüllt er sich in ewige Gesetze;
Die sieht der Freigeist, doch nicht ihn. Wozu
Ein Gott? sagt er: die Welt ist sich genug.
Und keines Christen Andacht hat ihn mehr,
Als dieses Freigeists Lästerung, gepriesen.
(...)
Weihen Sie
Dem Glück der Völker die Regentenkraft,
Die - ach, so lang - des Thrones Größe nur
Gewuchert hatte - stellen Sie der Menschheit
Verlornen Adel wieder her. Der Bürger
Sei wiederum, was er zuvor gewesen,
Der Krone Zweck - ihn binde keine Pflicht,
Als seiner Brüder gleich ehrwürd'ge Rechte.
Wenn nun der Mensch, sich selbst zurückgegeben,
Zu seines Werths Gefühl erwacht - der Freiheit
Erhabne, stolze Tugenden gedeihen -
Dann, Sire, wenn Sie zum glücklichsten der Welt
Ihr eignes Königreich gemacht - dann ist
Es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen.

(Marquis von Posa; 3. Akt, 10. Szene)

Auteur: Friedrich Schiller

Sie wollen pflanzen für die Ewigkeit,<br /> Und säen Tod? Ein so erzwungnes Werk<br /> Wird seines Schöpfers Geist nicht überdauern.<br /> Dem Undank haben Sie gebaut - umsonst<br /> Den harten Kampf mit der Natur gerungen,<br /> Umsonst ein großes königliches Leben<br /> Zerstörenden Entwürfen hingeopfert.<br /> Der Mensch ist mehr, als Sie von ihm gehalten.<br />(...)<br /> Gehn Sie Europens Königen voran.<br /> Ein Federzug von dieser Hand, und neu<br /> Erschaffen wird die Erde. <i>Geben Sie<br /> Gedankenfreiheit.</i><br />(...)<br /> Sehen Sie sich um<br /> In seiner herrlichen Natur! Auf Freiheit<br /> Ist sie gegründet - und wie reich ist sie<br /> Durch Freiheit! Er, der große Schöpfer, wirft<br /> In einen Tropfen Thau den Wurm und läßt<br /> Noch in den todten Räumen der Verwesung<br /> Die Willkür sich ergötzen - Ihre Schöpfung,<br /> Wie eng und arm! Das Rauschen eines Blattes<br /> Erschreckt den Herrn der Christenheit - Sie müssen<br /> Vor jeder Tugend zittern. Er - der Freiheit<br /> Entzückende Erscheinung nicht zu stören -<br /> Er läßt des Uebels grauenvolles Heer<br /> In seinem Weltall lieber toben - ihn,<br /> Den Künstler, wird man nicht gewahr, bescheiden<br /> Verhüllt er sich in ewige Gesetze;<br /> Die sieht der Freigeist, doch nicht ihn. Wozu<br /> Ein Gott? sagt er: die Welt ist sich genug.<br /> Und keines Christen Andacht hat ihn mehr,<br /> Als dieses Freigeists Lästerung, gepriesen.<br />(...)<br /> Weihen Sie<br /> Dem Glück der Völker die Regentenkraft,<br /> Die - ach, so lang - des Thrones Größe nur<br /> Gewuchert hatte - stellen Sie der Menschheit<br /> Verlornen Adel wieder her. Der Bürger<br /> Sei wiederum, was er zuvor gewesen,<br /> Der Krone Zweck - ihn binde keine Pflicht,<br /> Als seiner Brüder gleich ehrwürd'ge Rechte.<br /> Wenn nun der Mensch, sich selbst zurückgegeben,<br /> Zu seines Werths Gefühl erwacht - der Freiheit<br /> Erhabne, stolze Tugenden gedeihen -<br /> Dann, Sire, wenn Sie zum glücklichsten der Welt<br /> Ihr eignes Königreich gemacht - dann ist<br /> Es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen. <br /><br />(Marquis von Posa; 3. Akt, 10. Szene) - Friedrich Schiller


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