Das sogenannte Paradoxon der Freiheit ist das Argument, dass Freiheit im Sinne der Abwesenheit jeglicher einschränkender Kontrolle zu sehr großer Zurückhaltung führen muss, da sie den Tyrannen frei macht, die Sanftmütigen zu versklaven. Der Gedanke ist, in etwas anderer Form und mit ganz anderer Tendenz, bei Plato deutlich zum Ausdruck gekommen.

Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz: Unbegrenzte Toleranz muss zum Verschwinden der Toleranz führen. Wenn wir die grenzenlose Toleranz auch auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaft gegen den Ansturm der Intoleranten zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet und die Toleranz mit ihnen. - Mit dieser Formulierung will ich nicht sagen, dass wir etwa die Äußerung intoleranter Philosophien immer unterdrücken sollten; solange wir ihnen mit rationalen Argumenten begegnen und sie durch die öffentliche Meinung in Schach halten können, wäre eine Unterdrückung sicher unklug. Aber wir sollten das Recht beanspruchen, sie notfalls auch mit Gewalt zu unterdrücken; denn es kann sich leicht herausstellen, dass sie nicht bereit sind, uns auf der Ebene des rationalen Arguments zu begegnen, sondern damit beginnen, jedes Argument zu denunzieren; sie können ihren Anhängern verbieten, auf das rationale Argument zu hören, weil es trügerisch ist, und sie lehren, Argumente mit dem Gebrauch ihrer Fäuste oder Pistolen zu beantworten. Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht einfordern, die Intoleranten nicht zu tolerieren. Wir sollten behaupten, dass jede Bewegung, die Intoleranz predigt, sich selbst außerhalb des Gesetzes stellt, und wir sollten die Aufstachelung zu Intoleranz und Verfolgung als kriminell betrachten, genauso wie wir die Aufstachelung zum Mord oder zur Entführung oder zur Wiederbelebung des Sklavenhandels als kriminell betrachten sollten.

Auteur: Karl Popper

Das sogenannte <i>Paradoxon der Freiheit</i> ist das Argument, dass Freiheit im Sinne der Abwesenheit jeglicher einschränkender Kontrolle zu sehr großer Zurückhaltung führen muss, da sie den Tyrannen frei macht, die Sanftmütigen zu versklaven. Der Gedanke ist, in etwas anderer Form und mit ganz anderer Tendenz, bei <a href="https://www.goodreads.com/author/show/879.Plato" title="Plato" rel="nofollow noopener">Plato</a> deutlich zum Ausdruck gekommen.<br /><br />Weniger bekannt ist das <i>Paradoxon der Toleranz</i>: <b>Unbegrenzte Toleranz muss zum Verschwinden der Toleranz führen. Wenn wir die grenzenlose Toleranz auch auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaft gegen den Ansturm der Intoleranten zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet und die Toleranz mit ihnen</b>. - Mit dieser Formulierung will ich nicht sagen, dass wir etwa die Äußerung intoleranter Philosophien immer unterdrücken sollten; solange wir ihnen mit rationalen Argumenten begegnen und sie durch die öffentliche Meinung in Schach halten können, wäre eine Unterdrückung sicher unklug. Aber wir sollten das <i>Recht</i> beanspruchen, sie notfalls auch mit Gewalt zu unterdrücken; denn es kann sich leicht herausstellen, dass sie nicht bereit sind, uns auf der Ebene des rationalen Arguments zu begegnen, sondern damit beginnen, jedes Argument zu denunzieren; sie können ihren Anhängern verbieten, auf das rationale Argument zu hören, weil es trügerisch ist, und sie lehren, Argumente mit dem Gebrauch ihrer Fäuste oder Pistolen zu beantworten. <b>Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht einfordern, die Intoleranten nicht zu tolerieren. Wir sollten behaupten, dass jede Bewegung, die Intoleranz predigt, sich selbst außerhalb des Gesetzes stellt, und wir sollten die Aufstachelung zu Intoleranz und Verfolgung als kriminell betrachten, genauso wie wir die Aufstachelung zum Mord oder zur Entführung oder zur Wiederbelebung des Sklavenhandels als kriminell betrachten sollten</b>. - Karl Popper<

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